Mannesmann Tally als Teil der Kienzle-Gruppe

Nadeldrucker von Mannesmann Tally wurden 1982 mit dem iF product design award ausgezeichnet.
Nadeldrucker von Mannesmann Tally wurden 1982 mit dem iF product design award ausgezeichnet.

Die Geschichte der Mannesmann Tally GmbH war eine Zeit lang auf engste mit der Entwicklung der Kienzle Apparate GmbH verknüpft. Im ersten Jahrzehnt der Mannesmann-Jahre war sie Teil der Kienzle-Gruppe, sie ergänzte mit ihrem Druckergeschäft gut den Bereich Computersysteme von Kienzle und machte einen nicht unerheblichen Teil des Umsatzes der Unternehmensgruppe aus.

 

 

Vorgeschichte: Constantin Rausch KG wird Mannesmann Präzisionstechnik GmbH

Dabei geht die Verbindung der Mannesmann AG mit dem Standort Ulm/Elchingen auf Anfang der 70er Jahre zurück. 1972 erwarb der Mannesmann-Konzern im Rahmen seiner Diversifizierungsstrategie die dortige Firma Constantin Rauch KG. Aus dieser ging die Mannesmann Präzisionstechnik GmbH Elchingen hervor, die sich seit 1973 mit der Entwicklung serieller Matrixdrucker befasste. Der Bereich erlebte in der zweiten Hälfte der 70er Jahre einen rasanten Aufstieg; der Umsatz des Unternehmens mit Druckern stieg von 1 auf 53 Mio. Mark im Jahr 1979 an.

 

Anfang 1979 erwarb Mannesmann mit der Tally Corp. mit Sitz in Kent im US-Bundesstaat Washington den damals größten Hersteller von Matrixdruckern. Beide Unternehmen wurden zur neuen Mannesmann Tally GmbH mit Sitz in Elchingen und Kent verschmolzen. Zusammen beschäftigten sie zu diesem Zeitpunkt weltweit rund 1.500 Mitarbeiter, davon 500 in Deutschland, und erzielten einen Umsatz von über 140 Mio. Mark in Europa. Zum Produktangebot von Mannesmann Tally gehörten verschiedene Modelle serieller Matrixdrucker und Kontoauszugsdrucker.

 

Tally wird Teil von Mannesmann Kienzle

Als Mannesmann 1981 bei Kienzle Apparate einstieg, brachte der Konzern den Druckerhersteller Mannesmann Tally in die Kienzle-Gruppe mit ein. Man ging davon aus, dass sich beide Produktbereiche gut ergänzen würden. Dabei bleib das Unternehmen als eigenständige GmbH erhalten, wurde aber über die Kienzle-Geschäftsführung gesteuert. In den 80er Jahren konnte Tally dynamisch expandieren und steigerte den eigenen Umsatz bis 1989 auf über 300 Mio. Mark. Die Zahl der Beschäftigten stieg im gleichen Zeitraum auf über 900 in Deutschland an. Zusammen mit den US-Standorten erreichte man sogar einen Weltumsatz von über 500 Mio. Mark und eine Beschäftigtenzahl von 1.600. In diesem Zeitraum konnte man seine internationale Marktposition als wichtiger Anbieter von Nadeldruckersystemen weiter festigen. Ende der 80er Jahre stagnierte aber die Entwicklung bei Mannesmann Tally und man hatte mehr und mehr mit Konkurrenten aus Fernost zu kämpfen.

 

 

 

Mannesmann Tally-Werk im Spreepark Siemensstadt (1991), Foto: Karl H. P. Bienek, Berlin
Mannesmann Tally-Werk im Spreepark Siemensstadt (1991), Foto: Karl H. P. Bienek, Berlin

Nachgeschichte: Gemeinschaftsgeschäft Mannesmann und Siemens

 

1990 kam es zu einer Vereinbarung zwischen Mannesmann und Siemens über eine Zusammenarbeit im Druckergeschäft. Beide Konzernspitzen vereinbarten, dass Siemens seine kompletten Aktivitäten im Bereich Drucker in die Mannesmann Tally GmbH einbrachte und eine Minderheitsbeteilung von 49 Prozent an der Gesellschaft übernahm. Der Siemens-Bereich umfasste an den Standorten Berlin und München 750 Beschäftigte und ein Umsatzvolumen von 250 Mio. Mark. Dadurch sollte das Nadeldruckergeschäft von Tally mit dem Siemens-Programm an Tintenstrahl- und Thermotransferdruckern zusammengebracht werden und damit eine verbesserte Wettbewerbsposition gegenüber den starken japanischen Anbietern erreicht werden.

 

Die in die Fusion gestellten Hoffnungen sollten sich aber nicht erfüllen. Das Unternehmen schrieb weiterhin rote Zahlen, so dass die Zusammenarbeit 1992 wieder beendet und die Siemens-Teile wieder aus der Mannesmann Tally GmbH ausgegliedert wurden. Das Berliner Siemens-Werk wurde zunächst an das Unternehmen Eastman Kodak weitergegeben, bevor es im Herbst 1993 komplett geschlossen werden musste. Auch bei Mannesmann Tally mussten 1993/94 in großem Umfang Stellen gestrichen werden. Bis Ende 1994 wurden rund 300 der 1.500 Arbeitsplätze abgebaut. Im Rahmen dieser Konsolidierungsmaßnahmen wurde auch das Zweigwerk Oberndorf geschlossen, das man von Kienzle übernommen hatte.

 

Im Rahmen der Ausrichtung des Mannesmann-Konzerns auf den Bereich Telekommunikation trennte sich die Düsseldorfer Zentrale 1996 von Tally und verkaufte das Unternehmen per Management-Buy-Out an die damalige Geschäftsführung, was über die Beteiligungs- und Investment-Fonds-Gesellschaft LGV-Candover GmbH finanziert wurde. Das Produktangebot verlagerte sich in dieser Zeit weg von den traditionellen Nadeldruckern hin zur neuen Familie der Farbthermodrucker.

 

2003 bis 2009: Tally-Genicom

 

Nach mehreren schwierigen Jahren fusionierte die Tally GmbH 2003 mit dem US-Hersteller Genicom zur Firma Tally-Genicom Computerdrucker GmbH. Das Unternehmen ging dabei in das Eigentum der Private-Equity-Gesellschaft Arsenal Capital Partners über. Vom Standort Ulm-Elchingen wurde der europaweite Vertrieb des Unternehmens koordiniert, während die Produktion des Gesamtunternehmens auf Standorte in Mexiko und China konzentriert wurde. In Deutschland wurden keine Tally-Drucker mehr hergestellt, von 300 Mitarbeitern im Jahr 2003 sank die Beschäftigtenzahl weiter auf rund 70 im Jahr 2009, als ein erneuter Eigentümerwechsel vollzogen wurde. Der Konkurrent Printronix übernahm die komplette Firma Tally-Genicom und zog sich endgültig vom Standort Ulm zurück.

 

 

 

Armin Müller